GEBETS - UND FASTENKREISE - ADVENT 2024

 

Die Autorin dieser Ikone (sie ist zwei Meter groß und befindet sich in einer Kapelle in Gdynia an der Ostsee) ist eine begabte und mehrmals preisgekrönte Künstlerin – Marta Chrzan. Mehr Ikonen dieser Künstlerin können Sie finden unter: www.ikony.prv.pl 

Impuls für Gebets- und Fastenkreise zur Adventszeit 2024

Liebe Schwestern und Brüder,

vor kurzem, am 32. Sonntag im Jahreskreis, haben wir das Evangelium von der armen Witwe gehört, deren Großzügigkeit Jesus so sehr berührte, dass er davon seinen Jüngern erzählen wollte: „Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen: diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat (mit den zwei kleinen Münzen) alles hergegeben, was sie besaß.“

 

Es kommt nicht so sehr darauf an, was wir geben, sondern was für uns damit verbunden ist! Das gilt nicht nur für das Almosengeben, sondern auch fürs Beten und Fasten. Gebe ich mich selbst, mein Herz, mein Sein? Gebe ich großzügig?

 

Die Kirchenlehrerin Therese von Lisieux definierte die Liebe wie folgt: „Lieben heißt alles geben und sich selbst geben“. Mutter Theresa von Kalkutta pflegte zu sagen: „Wir müssen geben, bis es wehtut.“ Geschäftsleuten, die bei einem Festessen für die Projekte der Missionarinnen der Nächstenliebe Geld gesammelt hatten, erteilte sie den Rat: „Ich hoffe, Sie geben nicht nur aus dem Überfluss heraus. Sie müssen etwas geben, das Sie etwas kostet.“ Sie ermutigte: „Habt keine Angst zu lieben, bis es wehtut. Es ist die Weise, wie Jesus geliebt hat.“

 

Ein zweiter Wesenszug der Liebe ist die Verborgenheit. Das Auftreten der Witwe im Evangelium ist unscheinbar. Niemand kann wissen, was diese zwei kleinen Münzen für sie bedeuten, welchen großen Wert sie in ihrem Leben darstellen. Nur Gott, der ins Verborgene sieht, kann es wissen und bekannt machen. Ihr bescheidendes Auftreten steht im krassen Gegensatz zur Selbstinszenierung der Schriftgelehrten, die gesehen, bewundert und geehrt werden wollen.

 

Gott selbst, der reine Liebe ist, verbirgt sich: hinter seiner Schöpfung, im Menschen Jesus, im Anstoß erregenden Geschehen des Kreuzes und in der Unscheinbarkeit einer Hostie. Nichts von Selbstinszenierung, sondern überall stille, demütige Gegenwart und stiller, demütiger Dienst.

 

Die Liebe sucht Verborgenheit. In seiner Bergpredigt lädt Jesus ein, auf Selbstinszenierung zu verzichten, wenn man betet, fastet oder anderen etwas Gutes tut. Er sagt, dass wir sonst mit keinem göttlichen Lohn mehr rechnen können. „Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen bleibt; und dein Vater (im Himmel), der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.“

 

Das führt uns zu einem dritten Aspekt: Demütige, großzügige Liebe berührt das Herz Gottes und bewegt es, mit Großzügigkeit zu antworten. Jesus verheißt: „Jeder, der um meines Namens willen Häuser oder Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird dafür das Hundertfache erhalten und das ewige Leben gewinnen.“ Und was ist dieses ewige Leben? – Die Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, nicht erst im Jenseits, sondern schon hier und jetzt! Und in dieser Gemeinschaft findet sich unermessliches Glück, ja Seligkeit, die durch nichts auf der Welt aufgewogen werden könnte, auch nicht durch die erfüllendste menschliche Beziehung.

Großzügige, im Verborgenen geübte Liebe erlangt also göttliche Liebe, das Höchste und Größte, was ich je erlangen kann. Das Geschenk, das uns der Herr zu Weihnachten reicht, ist seine göttliche Gemeinschaft und Liebe. Wie können wir uns besser darauf vorbereiten, es zu empfangen, als dass wir Ihm großzügig dienen, im Nächsten, durch Beten und Fasten?

Dazu erbitte ich für Sie Gottes Segen. Bitte beten Sie auch für mich und die Meinen!

In herzlicher Verbundenheit, Ihr Pf. Jochen Maria Häusler (Priester der Erzdiözese Wien)

Impuls für Gebets- und Fastenkreise zum Advent 2023

Liebe Schwestern und Brüder,

wir bereiten uns vor, die Geburt Jesu zu feiern. Gott wollte aus dem jüdischen Mädchen Maria Mensch werden: ein Jude unter Juden, ein Mensch unter Menschen, um uns allen seine Nähe und Erlösung zu schenken. Durch die Taufe sind wir auf ewig mit Jesus verbunden, Glieder seines Leibes, Teil seines Volkes. „Geistlich sind wir Semiten“ betonte Pius XI. 1938, um die christliche Nähe zu den Juden klarzustellen, sowie die Unvereinbarkeit von Antisemitismus mit christlichem Glauben. Johannes Paul II. sagte 1991 in Budapest, was tragischerweise erneut von größter Aktualität ist: „Angesichts der Gefahr des Wiedererstehens und der Ausbreitung antisemitischer Gefühle, Haltungen und Initiativen, deren beunruhigende Anzeichen heute leider da und dort wahrzunehmen sind und deren furchtbarste Folgen wir in der Vergangenheit erlebt haben, müssen die Gewissen dazu erzogen werden, den Antisemitismus und alle Formen von Rassismus als Sünden gegen Gott und gegen die Menschheit anzusehen.“ Satan hasst das jüdische Volk, weil Gott es „unwiderruflich“ erwählt und berufen hat (vgl. Röm 11,29), für ihn Zeugnis zu geben. Aus diesem Volk wollte Gott Mensch werden und in ihm will er alle Völker der Erde segnen (vgl. Gen 12,3). Das gegen Gott rebellierende Herz kann von Satan gegen das auserwählte Volk instrumentalisiert werden. Beten wir in diesen Zeiten also vor allem um Schutz für unsere „älteren Brüder und Schwestern im Glauben“ (Johannes Paul II.). Zeigen wir ihnen unser Mitgefühl, unseren Beistand und unsere Unterstützung. Beten wir schließlich – aus Mitgefühl mit den Opfern - um ein Ende aller kriegerischen Handlungen weltweit und um die Gerechtigkeit, die allein Frieden schafft.

Am 20. Oktober 2023 wandte sich unsere himmlische Mutter durch den Seher Ivan aus Medjugorje mit ernsten Worten an uns: „Liebe Kinder, heute lade ich euch ein, für den Frieden zu beten. In dieser Zeit ist der Friede auf besondere Weise bedroht, und ich bitte euch, in euren Familien das Fasten und das Gebet zu erneuern und die anderen zum Gebet für den Frieden zu ermutigen. Liebe Kinder, ich möchte, dass ihr den Ernst der Situation begreift und dass vieles von dem, was geschehen wird, von eurem Gebet und eurer Ausdauer abhängt. Liebe Kinder, ich bin mit euch und lade euch ein, ernsthaft zu beten und zu fasten. Danke, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid.“

Unser Herr segne euch mit neuer Entschlossenheit und Ausdauer. Er mache euer Beten und Fasten fruchtbar für den Frieden. Möge Jesus in dieser Welt neu geboren werden und ihr den Frieden bringen.

Das gewähre euch der dreieinige Gott, der Vater und + der Sohn und + der Heilige Geist. Amen.

Im Gebet mit euch verbunden, Pf. Jochen Maria Häusler (Priester der Erzdiözese Wien)

Impuls für Gebets- und Fastenkreise zur Adventzeit 2022

Liebe Schwestern und Brüder,

„wacht und betet allezeit, damit Ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!“ mahnt uns Jesus im Hinblick auf das Ende (Lk 21,36). Die Ankunft Gottes im menschlichen Fleisch vor gut 2000 Jahren zielt auf sein Kommen im gegenwärtigen Augenblick, durch jeden von uns. Sie gipfelt im herrlichen Erscheinen Jesu am Ende der Zeit, indem sich alles vollendet.

Darauf möchten wir vorbereitet sein! Dazu braucht es beständige Wachsamkeit. Unsere Aufgabe ist es, jeden Augenblick durch Gebet mit Ewigkeit zu füllen. Gebet ist lebendiger Kontakt mit dem Lebendigen Gott durch den Glauben, „freundschaftlicher Umgang, bei dem wir oftmals ganz allein mit dem reden, von dem wir wissen, dass er uns liebt“ (Theresa von Avila). Unser Beten darf sich nicht darauf beschränken, Gebete aufzusagen oder über Szenen aus dem Leben Jesu nachzudenken. Immer neu müssen wir uns um „freundschaftlichen Umgang“ mit dem HERRN bemühen.

„Man ginge fehl, würde man annehmen, die gewöhnlichen Christen könnten sich mit einem oberflächlichen Gebet zufriedengeben, das ihr Leben nicht zu erfüllen vermag. Besonders angesichts der zahlreichen Prüfungen, vor die die heutige Welt den Glauben stellt, wären sie nicht nur mittelmäßige Christen, sondern »gefährdete Christen«. Denn sie würden das gefährliche Risiko eingehen, ihren Glauben allmählich schwinden zu sehen.“ (Johannes Paul II.) Sie würden außerdem das Risiko eingehen, an ihrer erhabensten Berufung und Sendung vorbeizuleben, die darin besteht, schon in diesem Leben durch das Gebet in Gott einzugehen, an seinem göttlichen Leben Anteil zu erhalten und Einfluss auf die Geschicke dieser Welt zu nehmen. Der selige Karmelit P. Maria-Eugen Grialou schreibt: „„Unsere Berufung ist, am Leben Gottes teilzunehmen und mit ihm eins zu werden, ohne Ende. Unser höchstes Ziel ist, in Gott einzugehen… Da liegt unser Ziel, darin besteht die Seligkeit des Himmels! Nicht darin, Gott nur von weitem zu sehen, sondern Gott zu sein durch Teilhabe. Die Tätigkeit des Erkennens und Liebens – Tätigkeit des Göttlichen Wortes selbst – mitzuvollziehen und auf diese Weise in seiner Glückseligkeit und seinem Leben zu sein. Anders gesagt: mit ihm nicht als Zuschauer, sondern als Handelnde in den Rhythmus des dreifaltigen Lebens einzutreten“.

Durch inneres, kontemplatives Gebet vollzieht sich all dies schon hier auf Erden. Jede und jeder ist dazu berufen! Lassen wir uns nicht vom Schrecklichen um uns herum beeindrucken, nehmen wir es zum Anlass, den Hebel anzusetzen, von dem die heilige Therese von Lisieux so wunderbar spricht: „Ein Gelehrter hat gesagt: Gebt mir einen Hebel, einen Stützpunkt, und ich werde die Welt aus den Angeln heben. Was Archimedes nicht erreichen konnte, weil seine Forderung sich nicht an Gott richtete und nur das Stoffliche betraf, das erlangten die Heiligen in seiner ganzen Fülle. Der Allmächtige gab ihnen als Stützpunkt: GOTT SELBST und GOTT ALLEIN, [und] als Hebel: das Gebet, das mit einem Liebesfeuer entflammt! Und auf diese Art haben sie die Welt aus den Angeln gehoben. Und auf diese Art heben die heute streitenden Heiligen sie aus den Angeln, und bis zum Ende der Welt werden es die künftigen Heiligen ebenfalls tun.“

Liebe Schwestern und Brüder, Ihr seid berufen, diese Heiligen zu sein. Gott schenkt Euch die Gnade dazu! Nehmt sie an und überlasst Euch ihr!

Im Gebet verbunden, Euer Jochen Maria Häusler (Priester der Erzdiözese Wien)

 

Impuls für Gebets - und Fastenkreise - Advent 2020

Adventslitanei (© Gisela Baltes (http://impulstexte.de))

Du Licht,
das uns durch dunkle Zeiten trägt,
das Ängste und Sorgen vertreibt,
das uns Hoffnung in der Bedrängnis gibt
und uns Rettung und Hilfe verspricht.
Komm!

Du Licht,
das den Neubeginn ankündigt,
das die Schrecken der Nacht bannt,
das den Morgen anbrechen läßt
und uns durch den Tag begleitet.
Komm!

Du Licht,
Leitstern durch unser Leben
Kraftquell auf all unseren Wegen,
Orientierung und Ziel,
unser Heil, unsere Zukunft.
Komm!  

Corona: Prophetischer Ruf zur Umkehr gefragt

Wenn Priester und Bischöfe hinter virus-geschützen Mauern per Livestream ihre Schäfchen beschwichtigen, sei das ein Verrat an ihrem prophetischen Auftrag, meint Pater Winfried Abel. Wie die Kirche in Zeiten der Krise stattdessen zu ihrem Auftrag zurückfinden muss. Ein Gastbeitrag.

Winfried Abel 24. März 2020 17:00 Uhr  - Die Tagespost

Pater Abel beklagt: Die Predigten sind seicht und gefällig geworden, sie rütteln nicht mehr auf. Der Aufruf zur Bekehrung, der die Botschaft Jesu begleitet, ist heute nicht mehr zumutbar. Foto: Armin Weigel (dpa)

In diesen Tagen der Krise hat die Kirche die besondere Aufgabe, ihr prophetisches Amt wahrzunehmen, nicht nur im Sinne einer „Neu-Evangelisation", die ohnehin auf der synodalen Strecke geblieben ist, sondern indem sie den Menschen die Zeichen der Zeit deutet. Das heißt gerade nicht, die Eucharistie hinter verschlossenen Türen zu feiern, das Weihwasser aus den Becken zu entfernen und den Abstand der Menschen auf Meter und Zentimeter festzulegen! Die Kirche hat vielmehr den Auftrag, den Menschen zu deuten, was Gott uns mit dieser Heimsuchung sagen will. Ich halte es nicht für hilfreich, sondern im Gegenteil für schädlich, wenn die offiziöse Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz feststellt, dass Gebete und Weihwasser nichts gegen den Corona-Virus ausrichten, oder ein Bischof betont, in dieser Krisensituation von Strafe Gottes zu reden sei Zynismus!

Das Kreuz ist die „Strafe", die auf der ganzen Menschheit lastet

Wie in allen großen Krisen wird wieder die Frage nach dem Handeln Gottes und Seiner Vorsehung gestellt.

Wer die Menschen in dieser Weise beschwichtigt, vernachlässigt seine Hirtenpflicht und begreift nicht den theologischen Sinn von "Strafe". Hier geht es nicht um himmlische Rache oder göttlichen Zorn, der sich an den Menschen austobt, sondern um einen Aufruf zur Umkehr, um einen Akt der Liebe und Barmherzigkeit. Jeder von uns weiß, dass in der Pädagogik Strafe immer die unvermeidliche „ultima ratio" des Erziehers darstellt. Ich erinnere mich an meine Mutter, die eine alleinerziehende Kriegerwitwe war. Wenn sie uns drei frechen Jungen bestrafen musste und dabei den Kochlöffel schwang, dann spürten wir, wie sehr ihr Herz blutete, während sie uns den Hosenboden versohlte.

So ist es auch mit Gott und den Menschen! Gott „leidet", indem er straft! Daher ist das Kreuz die „Strafe", die auf der ganzen Menschheit lastet! Der einzige Schlüssel zum Kreuzesgeheimnis ist die Liebe. Wenn Jesus seine Generation als „pervers", „sündig", „treulos" und „ungläubig" bezeichnet (vgl. Mt.12), dann meint er selbstverständlich auch uns heutige Menschen!

Bei Hosea (6,1) findet sich der Aufruf: „Kommt, wir kehren zum Herrn zurück! Denn er hat Wunden gerissen, er wird uns auch heilen; er hat verwundet, er wird auch verbinden." Hier wird der „strafende" Gott im Bild eines hilfreichen Arztes oder Operateurs gesehen, der Wunden öffnen muss, um heilen zu können. Jede Strafe tut weh, aber sie dient einzig der Heilung. Oder wie sollte man das Lukasevangelium (13,1-5) deuten, in dem Jesus im Blick auf ein von Pilatus verübtes Massaker bemerkt: „Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt."

Können wir nur noch einen "Wohlfühl-Gott" ertragen?

Kann man diese Gedanken heute den Menschen nicht mehr zumuten, weil die moderne Christengeneration ein „menschenfreundlicheres" Gottesbild hat? Haben wir uns schon so sehr der „Welt" angeglichen, dass wir nur noch einen Wohlfühl-Gott ertragen können; - weil Strafe weder in der Schule noch im Elternhaus, daher auch nicht bei Gott vorkommen darf? Sehen wir in der derzeitigen Gesundheitskrise nur eine unerwünschte Unterbrechung unseres „normalen" Lebens – mit dem Wunsch oder der Bitte an Gott, uns möglichst schnell und möglichst ungeschoren zur „Normalität" zurückkehren zu lassen?

Heute gehört es nicht mehr zum guten Stil, von „Sünde" zu sprechen. Die Predigten sind seicht und gefällig geworden. Sie rütteln nicht mehr auf. Der Aufruf zur Bekehrung, der die Botschaft Jesu wie ein cantus firmus begleitet, ist heute nicht mehr zumutbar. Hat also das Wort des Hosea, „Kommt, wir kehren zum Herrn zurück", seine Gültigkeit verloren für die vielen Christen, die im Glauben lau geworden sind, die nicht mehr an einen persönlichen Gott glauben, die kein Gebet mehr auf den Lippen haben, deren Herzen kalt geworden sind, die nur noch für ihre Urlaubsreisen schuften, ihr Geld sinnlos verschwenden und von Vergnügen zu Vergnügen taumeln? Steht nicht die heiße Gier nach Macht und Karriere – besonders auch in der Kirche! – gegen die Botschaft Jesu und das Beispiel, das ER uns gegeben hat?

Die Kirche soll es dem Staat überlassen, über Hygienevorschriften zu predigen. Wenn die Hirten der Kirche, Priester und Bischöfe, hinter virus-geschützen Mauern per Livestream ihre Schäfchen beschwichtigen, ist das ein Verrat an ihrem prophetischen Auftrag. Denn die Maßlosigkeit der Menschen hat dazu geführt, dass die gequälte Erde sich nun zu Wort meldet. Schon im 12. Jahrhundert hatte die heilige Hildegard von Bingen die Schau, die sie in ihrem „Liber vitae meritorum" als „Klage der Elemente" schildert: „Und ich hörte, wie mit einem wilden Schrei die Elemente der Welt riefen: ,Wir können nicht mehr laufen und unsere Bahn nach unseres Meisters Bestimmung vollenden. Denn die Menschen kehren uns mit ihren schlechten Taten wie in einer Mühle von unterst zu oberst. Wir stinken schon wie die Pest und vergehen vor Hunger nach der vollen Gerechtigkeit.' (...) Doch nun sind alle Winde voll vom Moder des Laubes, und die Luft speit Schmutz aus, so dass die Leute nicht einmal mehr recht ihren Mund aufzumachen wagen. Auch welkte die grünende Lebenskraft durch den gottlosen Irrwahn der verblendeten Menschenseelen. Nur ihrer eigenen Lust folgen sie und lärmen: ,Wo ist denn ihr Gott, den wir niemals zu sehen bekommen?'"

"Wir müssen uns nicht wundern, wenn Gott
die Hirten zur Rechenschaft zieht und straft,
die das „Evangelium des Lebens" verraten"

Galten diese Worte der heiligen Hildegard, der die Kirche den Titel „prophetissa teutonica" gab, nur für den mittelalterlichen Menschen – oder nicht vielmehr uns? Sind wir modernen und aufgeklärten Menschen, die endlich im wissenschaftlichen Zeitalter angekommen sind, moralisch besser als die Menschen in früheren Zeiten? Im Unterschied zu dem mittelalterlichen Menschen besitzen wir heute die technischen Mittel, die Erde völlig zu zerstören und die ganze Menschheit auszulöschen! Wer denkt noch daran, dass in dem Zeitraum, in dem wir 40 Virus-Tote beklagen, 4.000 Kinder im Mutterleib getötet wurden! Darf die Kirche dazu schweigen? Wir müssen uns nicht wundern, wenn Gott die Hirten zur Rechenschaft zieht und straft, die das „Evangelium des Lebens" verraten! Wo bleibt hier der prophetische Ruf zur Umkehr? Statt zum Gebrauch von Desinfektionsmitteln zu raten, sollten die Verantwortlichen in der Kirche jetzt dazu aufrufen, dringend die „Desinfektionsräume" aufzusuchen, die in jeder Kirche stehen: die Beichtstühle!

Wenn der Staat zum Rückzug aus der Welt zwingt, erkennt der gläubige Christ dahinter den Ruf Jesu, den Lärm hinter sich zu lassen, um seine Stimme zu hören. Die Prüfungszeit kann so zu einer Exerzitienzeit werden.

Dem Arzt und Heiland Jesus ging als Diagnostiker Johannes der Täufer voraus, der den Menschen ihre Sünden drastisch vor Augen hielt. Er konnte und musste das tun, weil er auf den weisen konnte, der allein von Sünden heilen konnte: Jesus, das Lamm Gottes! Haben wir in dieser Situation der Gesundheitskrise nicht die Pflicht, den Menschen die Ursachen der menschengemachten Katastrophen, nämlich die Sünden, vor Augen zu halten, weil wir in der besonderen Lage sind, den Arzt zu kennen, der allein von diesem Aussatz heilen kann?!

Diesen Dienst zu vernachlässigen kommt der strafbaren unterlassenen Hilfeleistung gleich. Die schlimmsten Sünden sind – vgl. Mt.25 – die Unterlassungssünden, deren uns der göttliche Richter eines Tages beschuldigen wird: "Ich war krank, und ihr habt mir die Medizin verweigert! Ich war hilfsbedürftig, und ihr habt mir den Arzt vorenthalten!"

Der Autor ist Priester im Bistum Fulda und derzeit Spiritual im Priesterseminar Leopoldinum in Heiligenkreuz bei Wien

 

 

Impuls für Gebets - und Fastenkreise - Advent 2019

Liebe Schwestern und Brüder,

das christliche Fasten ist nicht Selbstzweck, sondern mit einem positiven Inhalt verbunden. So sollte es zumindest sein! Jesus selbst weist auf den tiefsten, schönsten Sinn des christlichen Fastens hin, wenn er über das Fasten seiner Jünger sagt (Mk 2,19-20): „Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam weggenommen sein; dann werden sie fasten, an jenem Tag.“ Jesus bezeichnet sich selbst als Bräutigam und greift damit alttestamentliche Bilder auf.

Eine besonders berührende Stelle findet sich beim Propheten Jesaja (Jes 62,5): „Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich.“ Der Bundesschluss am Sinai wird mit einem Ehebund verglichen und der Götzendienst dementsprechend mit Ehebruch (Jer 3,20): „Fürwahr, wie eine Frau gegenüber ihrem Freund treulos wird, so seid auch ihr mir treulos geworden, Haus Israel - Spruch des HERRN.“ Aber Gott verstößt sein Volk nicht, sondern ruft es unermüdlich zu Buße und Umkehr auf. Sein Erbarmen ist eine Kraft der Liebe, die stärker ist als die Sünde und die Untreue des auserwählten Volkes (Jes 54,6-8): „Kann man denn die Frau seiner Jugend verstoßen?, spricht dein Gott. Nur für eine kleine Weile habe ich dich verlassen, doch mit großem Erbarmen werde ich dich sammeln. Einen Augenblick nur verbarg ich vor dir mein Gesicht in aufwallendem Zorn; aber in ewiger Huld habe ich mich deiner erbarmt, spricht dein Erlöser, der HERR.“ Der göttliche Bräutigam kommt selbst für den Brautpreis auf (Hos 2,20-21): „Ich verlobe dich mir auf ewig; ich verlobe dich mir um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, ich verlobe dich mir um den Brautpreis der Treue: Dann wirst du den HERRN erkennen.“

In Jesus, dem göttlichen Wort, erfüllen sich alle diese prophetischen Worte. Wir erkennen den hohen Brautpreis, den Gott zu zahlen bereit war, um uns sich anzuverloben. In Jesus verbindet er sich unwiderruflich mit uns Menschen. Die Menschwerdung Gottes ist ein Akt der Vereinigung, der unumkehrbar ist und uns die göttliche Nähe und

Treue garantiert. Gott begibt sich sozusagen auf Augenhöhe mit uns, wird verletzlich, leidensfähig, sterblich, wie wir. Durch seine Erniedrigung werden wir zu Partnern der Liebe erhöht. Mehr noch: sein Leiden sühnt unsere Sünden; sein Tod überwindet unseren Tod. Nichts vermag uns mehr von Gottes Liebe zu trennen (vgl. Röm 8,38-39).

Diese große, unumstößliche, alles überwindende Liebe meint wirklich jede und jeden von uns, ganz persönlich. Was Pauli umwälzende Erkenntnis war, soll auch meine werden. Mit dem Völkerapostel soll ich eines Tages von Herzen sagen können: „Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“ (Gal 2,20) Betroffen von der leidenschaftlichen Liebe Jesu für mich, erwächst eine bräutliche, leidenschaftliche Liebe für ihn, ein Verlangen nach ihm, eine Sehnsucht, ein Leiden, weil seine volle Gegenwart noch aussteht, ein flehentlicher Ruf: „Komm, Herr Jesus!“ (Offb 22,20)

Das adventliche Fasten verstärkt diesen Ruf und gibt ihm Kraft, denn es lässt mich mit der ganzen Existenz rufen: „Komm, Herr Jesus! Nichts kann mich sättigen als du allein, als deine Liebe und Gegenwart, als deine volle, alles erfüllende Gegenwart. Komm Herr Jesus, mit der Fülle deiner Herrlichkeit! Vollende die Zeiten! Beseitige das Unrecht! Trockne die Tränen… Komm, Herr Jesus, wir verlangen nach dir und der Fülle deiner Gegenwart, nach der vollen Offenbarung deines Sieges! Komm, Herr Jesus!“ So verleiht der bzw. die Gläubige der Braut Christi, die die Kirche ist, Stimme. Das scheint mir der letzte, tiefste Sinn christlichen Fastens und Betens zu sein, insbesondere während der Adventszeit.

Ich wünsche uns, dass wir immer mehr in diese Dimension hineinwachsen und in ihr beheimatet werden. Maria, die Mutter Jesu und unsere Mutter, hilft uns dazu! Sie repräsentiert in sich die Braut Kirche, die ihren göttlichen Bräutigam mit ungeteiltem Herzen liebt und ersehnt. Die mütterliche Sendung Mariens beinhaltet, uns – ihren Kindern – ihre schöne, bräutliche Liebe zu vermitteln, so dass wir mit und in ihr rufen: „Komm, Herr Jesus! Maranatha!“

Dazu segne Sie der dreieinige Gott, der Vater und + der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Vergelt’s Gott für Ihr adventliches Beten und Fasten!

Mit herzlichen Grüßen und Bitte um Ihr Gebet

Pfarrmoderator Jochen Maria Häusler